Nun sind Sie an der Reihe

Was verbindet Sie mit der Firma Schüttoff?

Haben Sie ein Motorrad aus Familienbesitz, haben Sie ein Foto aus alter Zeit, sind sie Fan der Marke aus Chemnitz?

Schreiben Sie uns Ihre ganz persönliche Geschichte.

Wir freuen uns auf eine Reihe von interessanten Geschichten rund um die Marke Schüttoff.

Hier die Kontaktmail: info@schuettoff-motorrad.de

So, los geht es- hier nun die erste Geschichte

Vielen Dank an Steffen Günther

“Mein Vater, der Rennfahrer.” 

Erinnerungen von Johannes Schuricht, an seinen Vater Walter Schuricht. 

Aufgeschrieben von Steffen Günther. 

Nicht selten kommt es vor, dass man durch persönliche Veränderung Zutritt in eine neue Familie erhält. Als mich meine Freundin das erste Mal ihren Großeltern Mütterlicherseits vorstellte und ich nach dem Kaffeetrinken von Opa Johannes zielstrebig in seine Werkstatt gelotst wurde, viel mein Blick sofort auf ein kleines gerahmtes Bild an der Wand. “Das ist mein Vater Walter auf seiner SCHÜTTOFF! “ begann Opa Johannes, wobei seine Augen bei dem Wort SCHÜTTOFF funkelten wie der vernickelte Tank der Maschine auf dem Bild. Der Glanz, den für Ihn diese Marke auch heute noch ausstrahlt, obwohl er selbst nie eine besessen hat, ist bei all den vielen nachfolgenden Gesprächen über die Motorradvergangenheit seines Vaters jedes Mal buchstäblich fühlbar.  

Johannes ist heute 87 Jahre alt und sagt bei all unseren Treffen: “Wenn das der Vater wüsste, dass sich nochmal Leute für seine Geschichte interessieren! Das tät Ihm gefallen!”  

Walter Schuricht mit seiner Frau Frieda auf SCHÜTTOFF F350 mit OD-Seitenwagen vor der Kirche Leisnig. 

Ewald Kluge, Toni Bauhofer, nur zwei Beispiele glanzvoller Namen der Motorradrenngeschichte, die auch heute noch vielen Motorsportbegeisterten etwas sagen. Über sie wurde auf Titelseiten der Tageszeitungen berichtet, oder Motorradhersteller warben in großen Anzeigen mit deren Rennerfolgen für ihre Produkte. 

In diesem Bericht geht es aber um einen der unzähligen unbekannten Privatfahrer, die als sogenannte Ausweisfahrer, ohne materielle oder finanzielle Unterstützung eines Herstellers, sich wann immer es möglich war, auf eigener Achse zur nächsten Rennveranstaltung begaben, einfach weil es ihre Passion war. 

Walter Schuricht, geboren am 8. Juni 1908 in Fischendorf bei Leisnig, erlernte in der ortsansässigen Firma Gebr. Lorenz den Beruf des Motorenschlossers. Der Betrieb firmierte als Fahrzeughaus mit Reparaturwerkstatt, nicht nur für Autos und Motorräder, sondern aller möglichen damals gebräuchlichen technischen Gerätschaften.

  

Lage im Ortsbild, fotografiert von der Burg Mildenstein. 

Da augenscheinlich, wie am berühmten Händlerschild zu erkennen, bei Firma Gebr. Lorenz auch Schüttoff Motorräder verkauft und repariert wurden, war es naheliegend, dass der junge Schlosser Walter sich den Traum einer rassigen F350 erfüllen wollte. 

Links: Walter Schuricht vor Werkstatteingang Firma Gebr. Lorenz. 

Rechts: Walter Schuricht, hier vielleicht unterwegs zu einer Rennveranstaltung? 

Doch damit nicht genug. Wie mir sein Sohn Johannes berichtete, hat sein Vater Walter aktiv von 1928 – 1930 als Ausweisfahrer an Rennen teilgenommen, was sich bis jetzt leider nur an einer Teilnahme nachweislich belegen lässt. 

Johannes Schuricht, geb. 11.07.1935, erinnert sich gern, wie er als junger Bub des Öfteren einen alten Schuhkarton hervorholte, in dem sämtliche Motorradplaketten des Vaters aufbewahrt wurden. Als Jahre später zu Kriegsende 1945, sich die Russen in der Schurichtwohnung einrichteten und die junge Familie mit inzwischen 2 Kindern vor die eigene Tür setzte, fanden sie nach 2-monatiger Besetzung durch die ungebetenen Gäste nur noch die nackten Räume ihrer Wohnung vor. Die Einrichtung und alle privaten Dinge wurden von den Russen mitgenommen. 

Johannes Schuricht sagt heute über diese Zeit: “Die Russen haben uns damals von ALLEM befreit!” 

5. Fichtelberg – Prüfungsfahrt 30. Juni 1929. 

Bei ausgesucht schönem Wetter, machte sich der junge Walter mit seiner Schüttoff an diesem letzten Juniwochenende des Jahres 1929 daran, die über 100 km Wegstrecke über staubige Landstraßen bis nach Oberwiesenthal, zum Startpunkt des Rennens zurückzulegen. Wenn man die damaligen Straßenverhältnisse einrechnet, ist allein das schon eine ordentliche Leistung, gedenk der Tatsache, des bevorstehenden langen Renntags und des möglichst pünktlichen Erscheinens am darauffolgenden Montag zur Arbeit. 

Vielleicht hatte Meister Lorenz ein Einsehen mit seinem jungen Schlosser, denn die Strapazen dieses Wochenendes hatten sich für Walter gelohnt! 

Die 6,3 km lange Strecke mit einer durchschnittlichen Steigung von 6 und einer Höchststeigung von 12 Prozent, bewältigte Walter in 4:47 min. Das brachte ihm in seiner Klasse bis 350 ccm den 3. Platz und Erwähnung in regional, sowie überregional erscheinenden Tageszeitungen ein. Er war sicher der Einzige Fischendorfer, der jemals namentlich in der ADAC Motorwelt genannt wurde.

Zeitungsberichte und Plakette zur 5. und letzten Fichtelberg Prüfungsfahrt, am 30. Juni 1929 

Laut Johannes Schuricht hat sein Vater auf Grund der erfolgreichen Rennteilnahme und des wohl guten Kontaktes seines Arbeitgebers zum Hersteller Schüttoff, eine Werksmaschine zur Verfügung gestellt bekommen, welche er nach Beendigung seiner Renneinsätze 1930, wieder abgeben musste. Das würde auch die 2 folgenden Bilder erklären, wo Walter Schuricht auf einer anderen Maschine bei einem Rennen abgelichtet wurde. Die beiden Aufnahmen konnten noch keiner Rennstrecke zugeordnet werden. 

Wie so oft im Leben, wurde auch in dieser Geschichte einer weiteren Entwicklung der Rennsportambitionen des jungen Mannes, ein Riegel durch die Frau vorgeschoben. 

“Die Rennfahrerei oder ich” intervenierte Frieda. Und als gefügiger Ehemann hört man selbstverständlich auf solch resolute Ansagen und arrangiert sich. 

Walter Schuricht verstarb 1973 mit nur 64 Jahren. 

Walter und Frieda 

Rechts: Walter Schuricht. Ort unbekannt. 

Vielen Dank an Jan Walther für die Recherche / Fichtelberg Prüfungsfahrt und zur Verfügungstellung der Zeitungsartikel! 

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